In Anbetracht des Weltgeschehens ist die weibliche Kopfbedeckung wahrlich ein ziemlich irrelevantes Thema. Und doch schafft es das Kopftuch immer wieder in die Schlagzeilen und erntet großes Missfallen.
Natürlich habe ich manchmal Zweifel und stelle mich und meine Überzeugungen in Frage.
Ich zweifle nicht an der Existenz einer höheren Macht, sondern bisweilen an meiner praktischen Umsetzung.
Manchmal wäre es einfacher, in der Masse unterzugehen. Ohne Kopftuch. Mein Verhalten, mein ganzes Handeln wäre dann lediglich meine individuelle Art und würde nicht mehr dem Islam zugeschrieben, wie dies heute wohl viele Menschen ganz unbewusst tun, wenn sie mich mit Kopftuch sehen. Insbesondere diejenigen, die mich nicht persönlich kennen.
Dann denke ich an jene, die zum Beispiel ihre Hautfarbe nicht einfach ablegen können und ihr Leben lang mit gewissen Stereotypen assoziiert werden. Näher betrachtet gibt es die Masse auch überhaupt nicht, denn sie besteht aus ziemlich verschiedenen Individuen mit ihren ganz persönlichen Eigenheiten.
Denn das Kopftuch ist auch eine Chance. Es soll keine Provokation sein, ist auch kein religiöses oder politisches Symbol. Der Islam ist eine Religion, keine Ideologie, Muslime können politisch sehr unterschiedliche Meinungen haben.
Das Kopftuch ist auch kein Aushängeschild des Proselytismus.
Sondern ganz einfach ein religiös motiviertes Kleidungsstück, das in unzähligen Varianten dekliniert werden kann.
Wahrscheinlich würden Ordensschwestern in Ordenstracht in unserer westlichen Welt genauso viel Ablehnung erfahren wie muslimische Frauen, wenn sie immer zahlreicher würden und plötzlich ebenso zum Straßenbild gehörten wie beispielsweise Hundespaziergänger.
Dieses Kopftuch, das muslimische Frauen und viele Nonnen gemeinsam haben, erinnert hierzulande an patriarchalische Zeiten. Gender ist ein Thema, muss ein Thema sein und wird in muslimischen Kreisen ebenfalls wieder zunehmend aktuell. Doch nicht das Tuch ist ein Problem, sondern das, was im Kopf drin vorgeht. Die Einstellungen müssen ändern. Der westliche Feminismus schaffte die unterdrückten Frauen vom Aussehen her ab. Wir können Hosen tragen und uns der Mode frei unterwerfen. In zahlreichen Männer-(und Frauen-)köpfen hat sich jedoch nicht gar so viel gewandelt.
In diesem Sinne hoffe ich zu Beginn des neuen Jahres 2011 auf eine Welt, in der keine Frau weder zum Anziehen noch zum Ausziehen eines Kleidungsstücks gezwungen wird, auf eine Welt, in der über Frauen nicht mehr ihres Aussehens wegen geurteilt wird (dies gilt ebenso für Politikerinnen wie für Übergewichtige oder Kopftuchträgerinnen), und vor allem auf eine Welt, die sich wirklich relevanten Dingen zuwendet.
Nachtrag: Natürlich ist ein Kopftuch ein Merkmal, das sich zur karikaturistischen und propagandistischen Darstellung des Fremden eignet. Andererseits haben manche das Gefühl, eine kopftuchtragende Frau sei durch ihr öffentliches Bekenntnis zu einer Religion im Gegensatz zu ihnen absolut ohne Zweifel, was als eine Art religiöser Arroganz ausgelegt wird. Dies ist selbstverständlich nicht der Fall. Zweifeln ist menschlich und gehört zu jeder Religion dazu.
Schöbner Artikel.
Aber in ihrem Sinne sollte Sie vielleicht, doch (da ihnen ja auch die Globale Perspektive am Herzen liegt) vielleicht auch mal über LÄnder schreiben, in denen Frauen eine Kopftuchbedeckung tragen müssen.
Nonnen werden da übrigens auch nicht so gerne gesehen.
Zum Thema Kopftuchzwang schreibe ich im obigen Artikel: „[ich] hoffe […] zu Beginn des neuen Jahres 2011 auf eine Welt, in der keine Frau weder zum Anziehen noch zum Ausziehen eines Kleidungsstücks gezwungen wird“. Ich bin durchaus damit einverstanden, dass einige sogenannte muslimische Staaten stark reformbedürftig sind, aber ich wohne nun mal in der Schweiz und stamme auch aus diesem Land, weswegen ich mich hier weit besser auskenne und deswegen über die hiesige Situation schreibe.
Ist in der Schweizt die weibliche Kopftbedeckung per Gesetz geregelt? Ich stamme nicht aus diesem Land, habe davon aber nichts gehört. Ich habe da die Sache mit der „weltweiten“ Vison wohl falsch verstanden.
Bitte mich zu entschuldigen. Es geht natürlich wieder nur um die intoleranten Europäer.
Wie auch in anderen europäischen Ländern wird in der Schweiz von einigen Parteien eine gesetzliche Regelung, d.h. ein Verbot z.B. des Niqab, gefordert. Und es ist erwiesen, dass Frauen mit Kopftuch (und ich meine dabei nicht die Burka) es schwerer haben, eine Anstellung zu finden, und das Kopftuch in staatlichen Einrichtungen (und dabei meine ich nicht nur Schulen, sondern alle staatlichen und administrativen Institutionen) je nach Kanton verboten ist.
Ich bin jedoch nicht der Meinung, dass wir Europäer intolerant sind. Im Gegenteil.
Dass Europäer nicht intolerant sind, würde ich persönlich bestreiten (meine Frau kommt aus Ghana und unseren Kindern sind man dieses auch an).
Nochmal kurz zur Toleranz. DEr Unterschied ist in Europa wird dieses diskutiert und wahrscheinlich nicht realisiert. Wenn ich mich jetzt recht erinnere gibt es doch weltweit schon Länder, wo Frauen ihre Kopfbedeckung vorgeschrieben wird, ja sogar Länder, die Bauten bestimmter Religionen verbieten- ich meine nicht nicht das Schweizer Minarett-Verbot. In einem liegen doch sogar die heiligen Stätten des Islams (weltweit die toleranteste Religion, wie jeder weis).
Wie gesagt wenn Sie weltweit schreiben wollen tun Sie es doch . In Pakistan gibt es eine Christin, die wegen Blasphemie – hat den Propheten beleidigt- zum Tode verurteilt worden ist. Im Vergleich zum Minarett-Verbot sicher eine Lapalie.
Wenn Sie über die furchtbare Unterdrückung von Muslimen und Muslimminnen im imperialistischen Westen schreiben wollen (ist eher mein Eindruck) tun Sie aus, sagen Sie aber auch.